Vorschlag zu einem Arbeitsprogramm

Wege in sozialistische Gesellschaften

1.

Problem

einige Sozialismusbestimmungen: u.a. eine Gesellschaftsform, in der
die Individuen innerhalb ihrer Assoziationen die Bedingungen ihrer Existenz und Entwicklung selbst bewußt gestalten und verwalten,
die knechtende Arbeitsteilung aufgehoben ist,
die freie Entwicklung der Individuen und nicht mehr äußere Zwänge Produktions- und Lebensweise bestimmen,
die politische Herrschaft über Menschen aufgehoben ist,
der soziale Gleichheit, Gerechtigkeit ... herrscht,
der der Staat abstirbt.
keine der bisherigen revolutionären und reformistischen Bewegungen hat bisher eine solche lebensfähige sozialistische Gesellschaften begründen können
– revolutionäre kommunistische Arbeiterbewegung
Sie hatte alle revolutionären Bewegungen der Vergangenheit (Ausnahme: die anarchistische Bewegung) in ihre Tradition aufgenommen, also alle Bewegungen unterdrückter Klassen, die zum Sturz der alten Herrschaft führten oder zu deren Erschütterung.
Es gelang ihr tatsächlich alte bourgeoise und feudale Herrschaften zu stürzen oder schwer zu erschüttern.

Sie vollbrachte zivilisatorische Leistungen: ...

Doch auch die siegreichen und zivilisatorisch erfolgreichen proletarischen Revolutionen ereilten das Schicksal aller vorhergehenden siegenden Revolutionen – es etablierte sich eine neue Herrschaft:
Von freier Entwicklung der Individuen, von einer über partielle (bürgerliche) Emanzipationen hinausgehende allgemeinmenschliche konnte nicht die Rede sein. ....
Alle anfänglichen Elemente der Selbstbewegung, Selbstverwaltung wurden im Real-"Sozialismus" so wie in anderen Revolutionen, die die Klassenspaltung der Gesellschaft noch nicht überwinden konnten, wieder zurückgenommen. "Anarchismus" wurde zu einem Schimpfwort, das Existenzen vernichten konnte. Zum Inbegriff des Revolutionären wurde die uneingeschränkte Bereitschaft, die Herrschaft kleiner Gruppen zu erweitern und zu verteidigen.
Wie von Müntzer zu Luther, so im Real-"Sozialismus" von freiheitlichen Kommunismusvorstellungen (von Marx u.a., auch Anarchisten) zum Beispiel zu preußischen Tugenden, zur Allmacht des Staates übergegangen. (hier allerdings auch Bezug auf Marx möglich). Zur ideologischen Befestigung der "sozialistischen" Staatsmacht wurden Friedrich II. und Luther wieder aufs Podest gesetzt. Emanzipatorisches, humanistisches Wesen des Marxschen Werkes reduziert sich auf eine Machtmanagement-Lehre (wozu Marx auch Anlaß gab).

– Folgende Probleme werden gesellschaftswissenschaftlichem (für mich: geschichtsmaterialistischem) Denken durch in diesen "Verkehrungen" oder richtiger gesagt durch dieses Kenntlichwerden des Wesens der Arbeiterbewegung bis weit ins 20. Jahrhundert gestellt?
Erste Frage:
Welche materiellen Bedingungen liegen dieser Jahrhunderterscheinung, der Tatsache, daß sich ein gigantischer, sich selbst antikapitalistisch verstehender Umbruch zum bürgerlichem Projekt entfaltet?
Zweite Frage:
Welche politischen, ideologischen, mentalen Strukturen trugen diese Gesellschaft und diese Entwicklung zum bürgerlichen Projekt?
Dritte Frage:
Auf Grund welcher theoretischer Fehler konnte der Osten als Sozialismus mißverstanden werden?
Vierte Frage:
Welche Kritiken (und Bewegungen) haben das nichtsozialistische Wesen dieser Gesellschaft frühzeitig erfaßt bzw. bloßgelegt.
Vierte Frage:
Warum kamen diese nicht zum Zuge? [Die Antwort auf diese Frage sollte sich nicht vordergründig auf ihre machtpolitische Seite – etwa die rücksichtlosen, cleveren Stalinisten waren daran Schuld – beantwortet werden. Es geht hier eher um die Frage, inwiefern die von den gegebenen Produktionsweisen gestellten objektiven Voraussetzungen eine eigene positive Antwort der linken Real-"Sozialismus"-Kritiker möglich gemacht hätten. Die größte Herausforderung erscheint mir hier eine Auseinandersetzung mit anarchistischen Kritiken und Bewegungen.]

Diese Fragestellungen und kurze hypothetische Antworten verweisen auf die Frage nach den heutigen materiellen und ideellen Voraussetzungen für lebensfähig sozialistische Umbrüche. Auf dieser Basis können anders als im alten Arbeiterbewegungsmarxismus (Sozialdemokratismus, ML, Trotzkismus eingeschlossen) neue theoretische und praktische Zugänge gewonnen werden zu den sich noch im kapitalistischen Rahmen vollziehenden tatsächlichen materiellen Umbrüchen sowie zu den neuen Erscheinungen in den spätkapitalistischen Lebensweisen und in den Mentalitäten vieler Menschen.
Es geht um die Erkenntnis potentieller Sozialismen in der heutigen Wirklichkeit und um die möglichen Formen sozialer Bewegungen, die diese ihrer kapitalistischen Form entreißen und eine neue sozialistische Gesellschaft begründen können.

 

2.

These

Die materiellen Voraussetzungen, unter denen proletarische Revolutionen siegten und sich behaupten mußten bzw. unter denen sie wie in Deutschland 1918 sofort einen bürgerlichen Charakter annahmen und die Formen dieser revolutionären und reformistischen Bewegungen waren ungeeignet für die Begründung von Sozialismus (Maßstab: o. g. Sozialismusbestimmungen).
– Der Stalinismus, seine Strukturen und die ihn tragenden Mentalitäten der Mehrheit des Volkes, seine Sieghaftigkeit gegenüber allen anderen Varianten sozialer Bewegungen waren Ausdruck einer letztlich materiell begründeten Unmöglichkeit des Sozialismus.
– Das gilt ebenso für die Tatsache, daß starke anarchistische Bewegungen (Rußland, Spanien) auf der ganzen Linie scheiterten und wie die einstige stalinistische kommunistische Weltbewegung als geschichtsmächtige Kraft völlig verschwand.

– Auch die antiautoritäre 68er Bewegung fand keine materielle Basis. Dies im Sinne des Fehlens eines geschichtsmächtigen gesellschaftsbegründenden Subjektes (die Versuche, sich mit der Arbeiterschaft zu verbinden, schlugen fehl) aber auch und vor allem im Sinne von Elementen einer Produktionsweise, die zur unverzichtbaren materiellen Basis eines nicht-herrschaftsförmigen, klassenlosen Lebens und Arbeitens, massenhaften Denkens und Fühlens hätte werden können. (Wie von Müntzer zu Luther, so mutierte der emanzipatorische Impetus der 68er zur Politik der J. Fischer usw.)


3.

These

Die bedeutsamen, sich als sozialistisch bzw. antikapitalistisch verstehenden Bewegungen des 20. Jahrhunderts haben auch und gerade in ihrer Verkehrung oder besser Entfaltung als bürgerliche Projekte einen erheblichen, wenn auch widersprüchlichen zivilisatorischen Fortschritt getragen.

Das Ende dieser Bewegungen spiegelt mindestens zwei Tatsache wider:

Erstens:
Die materiellen Verhältnisse und die dem entsprechenden Mentalitäten ließen noch keinen Sozialismus zu. Als eine Variante der noch im bürgerlichen Rahmen bleibenden Gesellschaften verloren sie (in Bezug auf China verlieren sie noch) in dem Augenblick ihre Existenzberechtigung, da innerhalb ihrer Strukturen auch kein zivilisatorischer Fortschritt mehr möglich war.
Zweitens:
Dieses Ende verweist aber auch darauf, daß die bürgerlich-kapitalistische Epoche (deren Rahmen der Real-"Sozialismus" nicht sprengte) selbst an die Grenze ihrer Zivilisationsverträglichkeit gekommen ist.

Das Ende des Real-"Sozialismus" ist Ausdruck und Teil einer allgemeinen Krise der bürgerlichen Epoche. Weder in seinen Formen noch in den Grundstrukturen der westlichen Gesellschaften ist zukünftig Zivilisation erkämpfbar.
Wie das Ende des Real-"Sozialismus" so ist auch der in den Metropolen erfolgende Niedergang aller alten Strukturen der Arbeiterbewegung sowie der sie (auch kritisch) flankierenden geistigen Strömungen nicht als Krise linker, sozialistischer Formen sozialer Bewegungen und damit verbundener Theorie zu begreifen. Diese Krisen sind Ausdruck der erreichten Grenzen bürgerlich-kapitalistischer Fortschrittsfähigkeit sowie der Unmöglichkeit, diese mittels bürgerlicher Projekte, also auch traditioneller linker Strukturen zu überwinden.

 

4.
These

Wer in den Formen dieser alten, im Wesen bürgerlichen Projekte Sozialismus denken oder praktisch erreichen will, kann heute nicht einmal mehr einen begrenzten zivilisatorischen Fortschritt erkämpfen oder bewahren. Er oder sie muß vollständig scheitern. Der Prozeß dieses doppelten Scheiterns (im Selbstverständnis als sozialistische, linke Projekte und im einst tatsächlich bewirkten Effekt der Zivilisationsförderung und -bewahrung innerhalb der bürgerlich-kapitalistischen Epoche) ist tatsächlich so weit fortgeschritten, daß keinerlei Leidensdruck zu einer Revitalisierung dieser Formen und Ideologien führen kann.
Der erfolgte totale Abbruch dieser Brücken, die als Weg in eine sozialistische Gesellschaft mißdeutet wurden, ist ebenso als Chance zu begreifen wie Tatsache, daß die westlich-kapitalistische Gesellschaft bereits in ihrem normalen Alltag zunehmend zivilisationsfeindlich wird.

Erst diese ost-westliche Katastrophe drängt Sozialisten und Kommunisten aller Richtungen nunmehr unausweichlich dazu, ihr altes Selbstverständnis grundsätzlich infrage zu stellen und die Frage neu zu stellen, die sich heute jedem nachdenklichen Menschen aufdrängt: Kann es eine zivilisationsverträgliche Gesellschaft geben? Ist überhaupt ein sozialistischer Ausbruch aus der bürgerlich-kapitalistischen Welt möglich? In welchen Formen kann dies geschehen?

Sozialisten müssen in der Beantwortung dieser Fragen nicht vorrangig auf die unvermeidbaren Zivilisationskatastrophen bei Beibehaltung der bürgerlich-kapitalistischen Grundstrukturen sowie der sie weiter massenhaft tragenden Mentalitäten und Gewohnheiten der Menschen verweisen. Die Überzeugung, daß das Beibehalten der jetzigen gesellschaftlichen Grundstrukturen zur Zivilisationsgefährdung führt, das ist in allen gesellschaftlichen Bereichen ein längst verbreitetes, wenn auch für das alltägliche Handeln meist folgenloses geistiges Gemeingut. Die Anklagen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, ihre Entlarvung als sozial ungerecht, zukunftsunfähig usw., diese traditionellen Formen linker Propaganda stoßen, wenn sie selbst mit Ratlosigkeit hinsichtlich der Zukunft oder/und mit leicht als rein propagandistisch durchschaubaren Vorschlägen verbunden sind, nur ohnehin offene Türen eines Zukunftspessimismus auf. Sie sind vollkommen wirkungslos (abgesehen davon, daß manche solcher Akteure auf diesem Weg ihre Teilhabe an staatlicher Krisenverwaltung bewirken). Jedenfalls können sie nicht konstituierend sein für irgendeine bemerkenswerte soziale Bewegung. Wenn überhaupt, dann kann das heute nur eine theoretische und praktische Antwort auf die Frage nach wirklichen Alternativen jenseits der bürgerlich-kapitalistischen Ordnung leisten.

 

5.

Dazu müssen sich Sozialisten vor allem über diejeinigen Elemente der verschiedenen zeitgenössischen Produktions- und Lebensweisen verständigen, die überhaupt die Basis einer sich neu konstituierenden Gesellschaft sein könnten. Es geht um eine Gesellschaft, die die laufenden Zivilisationsbedrohung durch massenhaftes, selbstbestimmtes Engagement von Menschen beendet, deren Engagement sich nicht nur und

Eine solche Antwort kann sich nicht vorrangig aus der Angst um die eigene Existenz oder um die Menschheit überhaupt speisen, nicht aus einer Hoffnung auf das Bewahren von Bestehendem, auf das Rückgewinnen von Verlorenem, auf Verzicht und Askese. Sie muß eher nach Wegen suchen zur Neuaneignung und Ausweitung des bestehenden Reichtums, gerichtet auf die Entfaltung menschlicher Individualität. Sie muß nicht auf den vernichtenden Stillstand im forcierten Kreislauf fremdbestimmter Konsumtion oder auf dessen abstrakte Ablehnung setzen, sondern auf faßbare Vorstellung davon, wie die Individuen, die heutigen zivilisatorischen Chancen voll nutzen können und zwar nach dem Maß ihrer eigenen Entscheidungen, also ohne wieder in Herrschaftsverhältnisse zu geraten.

Eine entscheidende Hürde, eine solche konkrete Utopie zu entwickeln und praktisch nach ihr zu streben, besteht darin, daß alle die materiellen Elemente, die die materiellen Basis einer solchen Gesellschaft sein könnten, nur in ihrer bürgerlich-kapitalistischen Form vorliegen. Menschen, solange sie in diesen Formen verhaftet sind, also die bürgerliche Gesellschaft als die natürliche, einzige Lebensform ansehen, erleben notwendig gerade diejenigen Entwicklungen, die auf die Möglichkeiten einer neuen Gesellschaft verweisen, fast ausschließlich als Katastrophe, als Zivilisationsgrenze überhaupt. Das Denken in den alten Formen der Arbeiterbewegung und in denen des Real-"Sozialismus" führte und führt nur in diese Sicht hinein und nicht hinaus. Arbeitslosigkeit, Abbau sozialer Netze, Zerstörung bzw. Auflösung der alten Strukturen, die den jeweiligen Individuen von Klassen und Gruppen einen gewissen Rückhalt gaben wie Gewerkschaften, Parteien, die Auflösung größere familiäre Zusammenhänge, anderer halbwegs verläßliche Strukturen wie Arbeitszeitregelungen, freies Wochenende, das Aufbrechen der Tradition hinsichtlich relativ überschaubarer Lebensphasen wie Kindheit, Schule/Lehre, Arbeit, Lebensabend, kirchliche wie real-"sozialistische" Riten ... erscheint so vorrangig als Bedrohung, als verlust. Die Individualisierung in der bürgerlich-kapitalistischen Form von Atomisierung sozial zunehmend bindungsloser Menschen ist auch ein Horror, der nach Ersatzgemeinschaftlichkeiten, im besinnungslosen Konsumismus, in Sekten usw. usf. führt. Bezüglich des unaufhalsamen Abbaus der aus der früheren fordistischen Vergesellschaftung überkommenen sozialen Regulierungen reagieren die verunsicherten Menschen zunehmend gerade mit der Hoffnung auf den Staat. Auf dieser Basis präsentiert sich dann zum Beispiel die (illusionär gewordene) Hoffnung auf eine lebenslange Einbindung der Menschen in die Lohnarbeit und in das Netz staatlicher Fürsorge als eine linke sozialistische Politik. In einer Zeit, in der nicht mehr die Arbeitszeit, sondern die Freizeit und der Grad der individuellen Selbstbestimmung (und nicht die Abhängigkeit von entfremdeten Institutionen) der Maßstab gesellschaftlichen Reichtums werden kann, wo sozusagen aus allen Fenstern vbereits eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaft schaut, werden Ausbau von Lohnarbeit (und damit von Kapital) und die Macht des Staates als die sozusagen letzte Rettung angepriesen. Solchem Alltags- und "linken" Denken erscheint es vielfach als eine Zumutung, gerade in diesen Zersetzungsprozeß der alten kapitalistisch-fordistischen Gesellschaft Elemente zu erkennen, die eine andere, eine menschliche Form der Vergesellschaftung möglich machen.

6.

Ehe wir auf die Denk- und Bewegungsformen zu sprechen kommen, innerhalb deren der Fetischismus aufgebrochen werden kann, der o. g. Vergesellschaftungsprozessen eine bestimmte gesellschaftliche Form, hier die bürgerlich-kapitalistische als natürliche, untrennbare Eigenschaft bemißt (also etwa in der Arbeitslosigkeit nur Verlust und keinen Gewinn sehen kann), soll gefragt werden: Welches sind die materiellen Entwicklungen in der kapitalistischen Produktionsweise, die als günstige oder sogar unverzichtbare Voraussetzungen dafür angesehen werden können, damit soziale Bewegungen überhaupt einen dauerhaften sozialistischen Charakter gewinnen könnten, Sozialismus also möglich wird?

– Änderungen im unmittelbaren Arbeitsprozeß: Heraustreten aus dem unmittelbaren Fertigungsprozeß. Der Prozeß der zur rellen Subsumtion unter das Kapital führte und damit den Kapitalismus erst vollständig auf die ihm gemäße ökonomische Basis stellte, wird wieder aufgehoben. Erst dadurch wird auch die Aufhebung der formellen Subsumtion unter das Kapital möglich. In der zunehmenden relativen Selbständigkeit von Abschnitten innerhalb hocharbeitsteiliger Produktion bilden sich Eigenschaften heraus (team-work, soziale Kompetenz wird zunehmend zu einem Faktor der Produktivität), auf deren Basis freie Assoziationen von Produzenten erst denkbar und real möglich werden.

– reiche Individualität wird immer mehr eine produktive Potenz (durch den Wert-Maßstab von Produktion und zunehmend gesamten Leben immer wieder bedroht bzw. völlig zerstört)

– Änderungen in der Struktur der Reproduktion: Just in time, enges Zusammenrücken von Bedürfnis/Konsumtion (wenn auch noch kapitalistisch und nicht selbst-bestimmt) und Produktion

– Innovationen auf höchstem technischem Niveau werden auf eine frei-assoziative Weise möglich; auf regionaler wie auf internationaler Ebene (siehe Linux)

– alternative Formen von Arbeit und Leben nehmen zu (z.T. als unmittelbarer Ausweg aus Not, zum großen Teil jedoch als bewußt gesuchter individueller/kollektiver Weg, entfremdeter Lohnarbeit zu entgehen, nicht kapitalbestimmte Lebensentwürfe zu realisieren.
Nochmal: dies alles bedeutet noch keine Aufhebung der Kapitalverhältnisse; die einfache Ausweitung dieser Elemente bedeutet noch nicht die Konstituierung einer neuen Gesellschaft; außerdem gibt es Tendenzen, daß diese Entwicklungen sich nicht in der sachlich eigentlich möglichen Dynamik entwickeln, sondern zum Beispiel eine gewissen Refordisierung stattfindet. Dies Ausdruck der Tatsache, daß der Kapitalismus hier an eine Grenze gerät, an der die auf Wert gestützte Produktion und die Möglichkeiten der weiteren Entfaltung von Zivilisation und Individualität nicht mehr nur einen widersrprüchlichen, sondern einen antagonistischen Charakter annehmen.

7.

Umbrüche in den Mentalitäten:

Frage: Können in der kapitalistisch formierten Auflösung der alten Arbeitsethik (Kein-Bock ...), der Auflösung von traditionellen Familienstrukturen, der traditionellen religiösen und parteimäßigen Bindungen (hier auch die Bindung an die Ideologien der Arbeiterbewegung/des Real-"Sozialismus" mit einbeziehen) usw. auch notwendige Voraussetzungen einer sozialistischen Umwälzung fgesehen werden?

8.

Welcher Art Assoziationen können eine neue sozialistisch-kommunistische Lebens- und Arbeitsweise begründen?

In Auseinandersetzung mit traditioneller Arbeiterbewegung und Real-"Sozialismus", Feuerbachthesen, Aufhebung der bürgerlichen Spaltung der Gesellschaft/der jeweiligen Assozioationen,

Welche Formen müssen sich nicht wieder notwendig als bürgerliche Projekte entfalten?

Dies auf die Umbrüche in der Arbeits- und Lebensweise beziehen. Wie müßten solche Assoziationen aussehen, damit sie die materiellen und mentalen Elemente einer möglichen sozialistischen Gesellschaft ihrer kapitalistischen Form entreißen?

9.

Wo gab und gibt es in der konkreten Gemeinschaften Ansätze solcher Entwicklungen? Woran scheiterten (durch Zerstörung oder Kapitalisierung) solche Entwicklungen bisher immer wieder?

Wie ist das Verhältnis von Widerstandsaktionen gegen die Staatsmacht bzw. konkrete Vernichtung von Lebensmöglichkeiten durch Kapitalisierung (Chiapas) zur praktischen Begründung sozialistischer Formen des Lebens und Arbeitens?

Wie ist das Verhältnis von Regionalisierung, Aufspaltung von Staaten und Regionen in Clan-Strukturen usw. zu den Möglichkeiten einer neuen Form von nichtkapitalistischer Gesellschaftbildung?